Social-Media-Plattformen fordern Firmen viel ab

Soziale Netzwerke wie Facebook oder Twitter ermöglichen Unternehmen und deren Mitarbeitern, mit Kunden in einen Dialog zu treten. Doch es lauern viele Fallstricke.

Dominik Feldges

Im Wettbewerb um die Gunst der Kunden müssen Firmen auch auf neuen Kanälen präsent sein. (Bild: Imago)



Soziale Netzwerke sind aus dem Alltag der meisten Schweizer nicht mehr wegzudenken. Wie die Zürcher Marketingagentur Xeit in ihrer jüngsten Online-Befragung von rund 1100 Personen in der Schweiz herausgefunden hat, konsultiert nur noch knapp ein Fünftel der hiesigen Bevölkerung zu Hause und unterwegs selten oder nie Plattformen wie Facebook, Twitter oder Instagram. Auffallend ist auch, wie viel Zeit verwendet wird, um diese Kanäle nach Nachrichten abzusuchen, Botschaften zu teilen oder eigene zu erstellen. Zwei Drittel der Befragten gaben an, pro Tag mindestens eine halbe Stunde dafür zu investieren – bei knapp 20 Prozent sind es sogar zwei Stunden und mehr.

Bevormundung unerwünscht

Angesichts solcher Zahlen erstaunt nicht, dass sich Unternehmen in der Schweiz zunehmend überlegen, wie sie ihre Ansprechpersonen am besten über soziale Netzwerke abholen können. Schon stark verbreitet ist der Gebrauch solcher Kanäle in der Personalrekrutierung. Immer mehr Unternehmen gehen dazu über, Stellen auf einschlägigen Plattformen wie Linkedin oder Xing auszuschreiben. Verstärkt werden soziale Netzwerke auch dafür verwendet, ganz allgemein die Bekanntheit einer Firma zu steigern. Grosse Firmen verknüpfen häufig Werbekampagnen, die sie in traditionellen Medien wie dem Fernsehen, in Zeitungen oder auf Plakaten durchführen, mit Massnahmen auf Facebook oder Twitter. Nach Einschätzung von Branchenbeobachtern wird die Funktionsweise sozialer Netzwerke jedoch noch oft missverstanden. So komme es nicht selten vor, dass Unternehmen potenziellen Kunden platt erklärten, was sie zu tun hätten. Aufforderungen wie «Lösche deinen Durst» oder «Entspanne dich endlich wieder einmal» seien auf Plakaten oder in TV-Werbespots gebräuchlich, würden von den meisten Nutzern von Social Media aber nicht goutiert. Diese wünschten, auf keinen Fall bevormundet zu werden.
Die vergleichsweise niedrigen Distributionskosten von sozialen Netzwerken lassen viele Firmen auch zu wenig abwägen, ob eine Botschaft relevant genug ist. Allzu oft werden banale Nachrichten wie «Wir gratulieren allen Schweizer Müttern zum Muttertag» versandt. In diese Kategorie fallen auch immer wieder Botschaften von Firmenchefs, die es sich zur Gewohnheit gemacht haben, zu twittern oder auf Facebook präsent zu sein, aber eher Belangloses, beispielsweise zu ihrer jüngsten Geschäftsreise, wie «Vietnam war toll» zum Besten geben. Während Zeitungsleser wegen einer Anzeige, die ihnen nicht zusagt, kaum ihr Abonnement kündigen, sondern einfach weiterblättern, reagieren Nutzer von sozialen Netzwerken oft erbarmungslos. Sie unterdrücken rasch das Konto einer Firma, wenn sie den Eindruck erhalten, auf deren Nachrichten verzichten zu können. Stets droht auch das Risiko, dass die Nutzer von sozialen Netzwerken gegen unliebsame Botschaften Sturm laufen. Sogenannte Shitstorms, bei denen sich im Netz eine Flut von Protesten ergiesst, haben schon manchen Unternehmensverantwortlichen schlaflose Nächte bereitet.
Vor diesem Hintergrund ist es auch nicht verwunderlich, dass trotz aller Popularität sozialer Netzwerke einige Firmen noch zögern, ob sie ein Twitter-, Facebook- oder Instagram-Konto betreiben sollen. Wer sich auf soziale Netzwerke einlasse, brauche eine Dialog-orientierte Unternehmenskultur, sagen Berater fast unisono. Dies bedeutet, dass Firmen nicht nur in Windeseile auf Anfragen von Nutzern eingehen müssen, die sich gemeinhin sehr wichtig nehmen und in kürzester Zeit eine Antwort erwarten. Die Firmen nehmen auch in Kauf, dass ihnen der Spiegel vorgehalten wird, je mehr sie sich in den sozialen Netzwerken exponieren. Nicht immer sind die Erwiderungen fair. In welch ruppigem oder gar diffamierendem Ton in diesen Kanälen teilweise auf Firmen oder Einzelpersonen eingegangen wird, ist erschreckend.

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